Der steinige Weg

Nun, ja. Aller Anfang ist schwer! Dass mir so viele Steine in den Weg gelegt werden würden, war mir gänzlich unklar. Da denkt man an Risiken, die während einer Selbständigkeit auftreten können. Ja, ist klar, unsicher ist eine Selbständigkeit ja immer. Aber was ist schon „sicher“? Zum Glück bin ich ja noch Schüler und habe keine Kosten für Miete, Essen usw. Von daher gesehen, sollten die Risiken, beim dem was ich vor habe, echt überschaubar sein.

Aber, das größte Risiko ist bereits vor der Selbständigkeit, nämlich folgendes: Man nehme an, ich hätte bereits erste Projekte an Land gezogen und zugesagt, dass ich bestehende Websites unter SEO Kriterien umbaue. Also flux den Gewerbeschein beantragt und los geht das ganze. Soweit die Theorie. Als Minderjähriger (auch wenn ich kurz vor meinem 18. Geburtstag stehe und offenbar selbst mit einem nachgewiesenen IQ deutlich über dem Durchschnitt) genügt es nicht, wenn meine Eltern den Antrag für einen Gewerbeschein mit unterschreiben. In der Praxis gebe ich also einem potentiellen Auftraggeber ein Versprechen ab, eine gewisse Dienstleistung zu erbringen und es scheitert dann an den Formalien. Kostenlos darf ich eine Dienstleistung erbringen, als Praktikant natürlich auch, als Angestellter oder Schüleraushilfe sogar gegen Bezahlung. Aber auf eigene Rechnung scheint es irgendwie nicht ohne Weiteres möglich zu sein. Mittlerweile sind Monate vergangen und ich habe immer noch nicht die Zustimmung vom zuständigen Familiengericht. Die ist nämlich erforderlich, damit ich das Gewerbe anmelden darf.

Was ist also bislang passiert oder eben nicht passiert? Ich frage mich warum Gründungen nicht aktiv gefördert werden. Insbesondere in Bereichen, in denen ja ohnehin zu wenig Menschen tätig sein. Da wird von Fachkräftemangel und unbesetzten Stellen gesprochen, aber wenn man aktiv etwas dagegen „unternehmen“ will, kriegt man erstmal die gelbe oder gar rote Karte. Das verstehe wer will. Ich verstehe es mittlerweile nicht mehr, nachdem was ich bislang erlebt habe:

Sommer 2018: Informiert und gebrütet. Bereits zwei potentielle Auftraggeber gefunden, für dich ich kleine Projekte zur Verbesserung der Websites und deren Auffindbarkeit im Netz umsetzen könnte.

September 2018: Entscheidung getroffen ein Gewerbe anzumelden. Eltern überzeugt. Die haben zugestimmt und wollen mich unterstützen.

Oktober 2018: Zum zuständigen Amt in der Gemeinde geradelt und Antrag auf Gewerbe abgegeben und 20 EUR gezahlt!

Etwa zwei Wochen später: Hurra, Post vom Amt ist da. Mein Gewerbeschein! Nix da, ein Schreiben, dass ohne gerichtliche Zustimmung eine Gewerbeanmeldung gar nicht möglich sei, stand da drin. Ach du dickes Ding. Und nu?

Anfang November: In aller Ausführlichkeit schriftlich dem Familiengericht erklärt, was ich eigentlich tun will mit meiner Selbständigkeit. Meine Eltern haben das unterstützt und ebenso ein Schreiben ans Familiengericht geschickt.

Drei Wochen später: Post vom Gericht. Entscheidung und Genehmigung geht leider nicht so schnell. Zudem muss der Begriff „online Handel“ aus dem Gewerbeschein, da dieser als „besonders risikobehaftet“ angesehen wird. Wenn ich also ein paar von meiner Freundin gestalteten Bilder (die ist künstlerisch echt super!) bei Ebay versteigern möchte, dann ist das also besonders risikobehaftet. Aha. Wieder dazugelernt.

Ende November: Dem Gericht mitgeteilt, dass ich bereit bin den Teil „Online Handel“ aus meinem Gewerbeschein zu streichen und erneut zum beim zuständigen Amt der Gemeinde gehen würde, um den Antrag erneut aber eben angepasst zu stellen.

Kurz drauf: Wieder beim Amt, um meinen Antrag auf Gewerbeschein neu abzugeben und ohne „online Handel“, also nur Websitedesign und Internetmarketing (SEO etc.).

Anfang Dezember: Post vom Gericht, da stand dann sinngemäß drin, dass sofern der Online Handel tatsächlich entfernt würde und das nachgewiesen wird, ist eine Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung möglich. Nun gut, den Gang zu Gemeinde hatte ich ja wenige Tage vorher ohnehin schon gemacht. Also alles geregelt, bald kann es losgehen.

Eine Woche später: Schreiben von der Gemeinde mit dem vorbehaltlichen Gewerbeschein, eben ohne Tätigkeit im Online Handel. Diesen habe ich dann erneut an das Familiengericht geschickt, da das ja so gefordert wurde. In der Vorfreude dass nun alles ganz schnell gehen würde und ich somit ein kleines Weihnachtsgeschenk in Form eines Gewerbescheins unterm Tannenbaum finden würde, war ich erstmal guter Dinge.

Kurz nach Weihnachten: Mit Datum vom 20. Dezember, aber leider vor Weihnachten nicht mehr zugestellt, endlich das erwartete Schreiben vom Familiengericht. Klasse, dachte ich mir, wenigstens noch in 2018. Hastig den Briefumschlag aufgerissen und eine „Ladung“ vom Gericht erhalten. Mit Festsetzung für einen Termin zur Anhörung. Oh… war noch nie vor Gericht und nun Zeuge in meiner eigenen Sache. Das wird ja immer spannender.

Anfang Januar: Zum Glück war der Termin morgens und noch in den Schulferien. Wobei für diesen Gerichtstermin Schulfrei zu bekommen, wäre auch kein schlechter Deal gewesen… Also zum zuständigen Gericht und zur Anhörung. Gut, dass ich meine Einladung zu diesem Termin mit hatte. Die zuständige Person, die in der Einladung stand, wusste offenbar nichts von dem Termin mit mir. Also habe ich der Person das Schreiben gezeigt und sie hat nach der Akte gesucht. Die Person hat dann telefoniert und nach der Akte gefragt, am anderen Ende hat man die Akte aber nicht finden können. Dann wurde erneut in dem Berg von Akten in dem Raum gesucht und plötzlich war die Akte dann da. Und ich dachte schon, ich wäre der einzige, der Unordnung liebt. Dann habe ich versucht zu erklären, was ich vor habe. Die Person mag es verstanden haben, vielleicht aber auch nicht. Na jedenfalls hat mein Vater dann noch ein paar Worte zum Risiko bei meiner Tätigkeit gesagt und damit schien die Person dann zufrieden. Ich habe dann ein Besprechungsprotokoll erhalten, in dem dann stand „Es handelt sich um eine sehr risikoarme Dienstleistung“. Wir haben uns verabschiedet und die Person sagte, in wenigen Tagen sollte ich die offizielle Antwort im Briefkasten haben.

Zwei Wochen später: Ein Schreiben vom Familiengericht. Endlich!! dachte ich mir! Hmm, die Enttäuschung war groß, als ich den Umschlag geöffnet hatte. Da schrieb das Gericht, dass meine Akte an die zuständige IHK weitergegeben worden wäre, da nicht einzuschätzen wäre, wie risikobehaftet meine Dienstleistung denn wäre. Das soll nun die IHK bewerten und eine Stellungnahme abgeben. Zudem soll ich an einem Existenzgründungsseminar teilnehmen. Jaaaa, sehr sinnvoll, keine Frage. Ich frage mich allerdings, warum die Zahl der Gründungswilligen in Deutschland geringer ist als in den meisten anderen europäischen Ländern. Ich habe dazu in einer Statistik und Studie der OECD gelesen, dass die Gründungen in Deutschland (egal ob Vollzeit- und Teilzeitgründungen) sogar weiter abgenommen haben. Vielleicht liegt es an der „German Angst“ (der Begriff ist wohl in England weit verbreitet) oder an den Hürden, die es auf dem Weg in die Selbständigkeit zu nehmen gilt. Dabei kann es so einfach sein, kleinere Arbeiten selbständig aber in Teilzeit als Dienstleistung zu erbringen. Dazu gibt es doch auch etliche Portale, über die kleinere Aufträge und Dienstleistungen vermittelt werden. Im Moment heißt es weiter abwarten für mich..